Kulinarische Entdeckungsreise zu erfolgreichen Geschäftsfrauen

Bei einer frauenhistorischen Tour am 6. Oktober konnte man toughe Unternehmerinnen kennenlernen und orientalische Köstlichkeiten probieren

Fotos: Birgit Leiß/Webredaktion

Türkisch- und arabischstämmige Frauen, die im Geschäft ihres Mannes allenfalls mithelfen – solche Klischees ärgern Hanadi Mourad und Gülaynur Uzun. Die beiden Stadtführerinnen von "Frauentouren", die seit Jahrzehnten in Neukölln zu Hause sind, wollen zeigen, dass auch viele Unternehmerinnen zur kulinarischen Vielfalt rund um die Sonnenallee beitragen. Zur Tour am 6. Oktober hatte das Quartiersmanagement Donaustrasse-Nord eingeladen. Es war ein Dankeschön an Mitglieder des Quartiersrats und andere ehrenamtlich Engagierte. Aber auch Interessierte aus der Anwohnerschaft waren willkommen.

Hausgemacht und authentisch

Erste Station war das Café Evim in der Richardstraße 109, ein typisches türkisches Frühstückshaus mit hausgemachten Spezialitäten. „Bei uns wird mit viel Liebe gekocht und gebacken“, heißt es auf einer Tafel. Es gibt Toasts – ein beliebtes Fastfood in Istanbul – und Menemen. Der Gruppe wurden Manti serviert, das sind kleine Teigtaschen mit Hackfleisch oder wie hier vegetarisch gefüllt. Das Café Evim ist rein in Frauenhand, die Chefin und ihre beiden Töchter kochen und servieren. „Das merkt man“, findet Hanadi Mourad: „Die Atmosphäre ist ganz anders.“

Sie ist die Chefin, er darf helfen

Anschließend marschierte der Trupp in Richtung Richardplatz, wo Gülays Kitchen den Bauch der Teilnehmenden weiter füllte. Es gab die Tomaten-Eierspeise Menemen, dazu eine knusprige Blätterteigstange. „Sehr lecker“, fanden alle. Gülays Mann hatte früher um die Ecke einen Zeitungsladen. In einem Regal bot Gülay ihre selbstgemachten Börek und Gözleme an. Das lief so gut , dass sie den Sprung in die Selbstständigkeit wagte, als die Räume am Richardplatz 16 frei wurden. Ihr Mann hielt das zunächst für Spinnereien. „Du kannst doch nicht mal richtig Deutsch“, meinte er. Deutsch hat sie mittlerweile gelernt, auch die Buchhaltung macht sie ganz alleine. Ihr Mann darf ihr zur Hand gehen. Menemen gehört zu einem ausgedehnten türkischen Sonntagsfrühstück unbedingt dazu, ebenso Sesamkringel (Simit), Schafskäse, Oliven und natürlich Tee.

Reiches Land, armes Essen

Vor dem Haus am Richardplatz, wo ihre Mutter seit den 1970er Jahren wohnt, erzählte Gülaynur Uzun dann die bewegende Einwanderungsgeschichte ihrer Mutter. Ganz allein machte sie sich auf ins ferne Deutschland, um hier in der Fabrik im Akkord zu arbeiten. Die drei Kinder ließ sie in Istanbul beim Vater. Der Alltag bestand aus Arbeiten und Schlafen, die „Gastarbeiterinnen“, die ja nach einigen Jahren wieder zurück sollten, waren in Heimen untergebracht. „Reiches Land, armes Essen“, hatte Gülaynurs Mutter stets geantwortet, wenn in der Türkei gefragt wurde, wie es denn in Almanya so wäre. Gülaynur erinnert sich noch gut daran, wie sie in den ersten Jahren Wassermelonen vermisste. Denn die gab es damals ebenso wenig wie Auberginen. Erst mit der Zuwanderung kamen diese „exotischen“ Lebensmittel nach Deutschland.

Doch auch die Essgewohnheiten der Einwander:innen haben sich in der neuen Heimat verändert. „Die arabische Küche ist eigentlich gar nicht so fleischlastig, traditionell wird bei uns viel mit Gemüsen und Hülsenfrüchten gekocht, zu 80 Prozent sogar vegan“, erzählte Hanadi Mourad. In Deutschland ist das verloren gegangen, weil Fleisch hier billiger ist.

Volle Bäuche, zufriedene Gesichter

Die letzte Station wird unter Neukölln-Hipstern als Geheimtipp gehandelt: das Maranda am Karl-Marx-Platz 3, ebenfalls betrieben von einer Frau. „Hier gibt’s die besten Gözleme von Berlin“, schwärme Gülaynur Uzun. Das wollte sich natürlich niemand entgehen lassen, obwohl eigentlich alle schon pappsatt waren. Und tatsächlich: die mit Spinat oder Kartoffeln gefüllten Teigtaschen waren sehr dünn und gar nicht fettig. Dazu ein Ayran- und alle waren im kulinarischen Himmel.

„Das war sehr interessant, richtig gut gemacht“, lobten am Ende alle die Tour.