Wirtschaftsberatung, die Gold wert ist

Das BIWAQ-Projekt zur Unterstützung der lokalen Ökonomie ist Ende September 2022 ausgelaufen. Es gibt aber gute Chancen für eine Fortsetzung

Birgit Leiß

Seit 2019 haben Ina Rathfelder und Refat Abusalem von der mpr Unternehmensberatung Gewerbetreibende in Nord-Neukölln besucht, um sie zu beraten und ihnen Unterstützung anzubieten, ganz gleich ob es um die Schaufenstergestaltung, die Buchhaltung oder den Instagram-Auftritt ging. Die Ziele des über das Bundesprogramm BIWAQ (Bildung, Wirtschaft, Arbeit im Quartier) finanzierten Projekts: Stärkung der lokalen Ökonomie und Integration in Arbeit, sprich die Verbesserung der Erwerbschancen von Bewohner:innen. Bereits ab 2015 gab es ein ähnliches Angebot, damals noch begrenzt auf die Sonnenallee. Bundesweit gibt es 45 BIWAQ-Projekte in benachteiligten Stadtteilen, oft in Quartiersmanagement-Gebieten.

Lotsen durch den Corona-Dschungel

Dass kurz nach dem Start eine Pandemie ausbrach, konnte natürlich niemand ahnen. „Gerade in dieser Zeit war das Angebot Gold wert“, sagt Ute Großmann, Co-Geschäftsführerin von mpr. In der ersten heißen Phase, während des Lockdowns, war der Bedarf riesig. Die Unternehmen brauchten Informationen, welche Regeln sie beachten müssen und wo sie Corona-Hilfen beantragen können. Ina Rathfelder und Refat Abusalem entwarfen Hygieneplakate, gaben Hilfestellung beim Ausfüllen der Anträge und informierten über die sich ständig ändernden Vorschriften, per Newsletter und am Telefon. „Fast täglich riefen Gewerbetreibende an, um sich zu erkundigen, was genau für ihr Geschäft gilt“, berichtet Ina Rathfelder. Ihr Eindruck: die Wirtschaftsförderung wird inzwischen stärker wahrgenommen: Dass „der Staat“ sich nicht nur um die großen Unternehmen kümmert, sondern auch um die kleinen Gewerbetreibenden, von der Bäckerei bis zum Blumengeschäft, werde mit Genugtuung zur Kenntnis genommen.

Coaching in Sachen Digitalisierung

Aber das Team kümmerte sich auch abseits von Corona um die Stärkung der Unternehmen. Ein Schwerpunkt war die Digitalisierung. So wurden Video-Veranstaltungen angeboten, beispielsweise zur Präsentation im Internet (Facebook, Google-My-Business-Eintrag etc) und insgesamt 40 Newsletter verfasst. Die Kooperation mit dem Bezirk sei sehr gut gewesen., auch mit dem Quartiersmanagement habe man sehr gut zusammengearbeitet. Jeden Freitag fand im Quartiersbüro eine offene Beratung für Gewerbetreibende statt.

Hoffnung auf die Weiterführung

Wie geht es nun weiter, nachdem zum 30.9. die Förderung ausgelaufen ist? „Die persönliche Vor-Ort-Beratung findet nicht mehr statt, aber für telefonische Fragen stehen wir weiter zur Verfügung“, erklärt Ina Rathfelder. Auch der Newsletter wird weitergeführt, Interessierte können sich gern hier anmelden. Der Bezirk – der den entsprechenden Antrag stellen muss - hat bereits erklärt, sich für die nächste Förderperiode bewerben zu wollen. Auch das Quartiersmanagement hofft, dass es weitergeht. Die lokale Wirtschaft sei ein ganz wichtiger Faktor für die Lebensqualität in einem Kiez, betont Quartiermanagerin Ngoc Dinh-Le: „Unsere Projekte zur Verbesserung der Nachbarschaft laufen ins Leere, wenn die Leute nur die Sorge im Kopf haben, wie sie die nächste Miete zahlen können.“