Café Achteck de luxe oder das kleinste öffentliche Gebäude Neuköllns

Foto: Jens Sethmann

Seit 111 Jahren steht dieses bedeutende Gebäude da. Ob es im Jahr 1910 eine  Einweihungsfeier gab, wissen wir nicht. Es erscheint aber unwahrscheinlich – hat man doch seinerzeit Toilettenhäuschen wie dieses verschämt „Bedürfnisanstalt“ genannt.

Gebaut hat es der Magistrat der Stadt Rixdorf nach einem Entwurf ihres Stadtbaurats Reinhold Kiehl. In diesem Amt war Kiehl nicht nur Chef der Bauverwaltung, sondern auch Architekt aller öffentlichen Gebäude. Kiehl hat in seiner Amtszeit von 1904 bis 1912 die damals noch selbstständige Stadt Rixdorf (1912 in Neukölln umbenannt) geprägt wie kein Zweiter.

Der 1874 in Danzig geborere Reinhold Kiehl kam als gerade mal 30-jähriger Regierungsbaumeister aus den Diensten der Stadt Charlottenburg nach Rixdorf. Er entwarf alles, was die schnell wachsende Vorstadt brauchte: Das Rathaus, das städtische Krankenhaus, das Stadtbad, 15 Schulen und acht Turnhallen, das Elektrizitätswerk am Weigandufer, mehrere Wohnsiedlungen, eine Desinfektionsanstalt, eine Friedhofskapelle, den S-Bahnhof Sonnenallee, die Orangerie im Körnerpark und nicht zuletzt auch öffentliche Bedürfnisanstalten. Kiehls Architektur war modern und zweckmäßig, kam aber in klassischem Gewand daher. Das Rixdorfer Hochbauamt erwarb sich unter Kiehls Leitung einen guten Ruf. Zeitweise arbeiteten hier junge talentierte Architekten wie Ludwig Mies van der Rohe und die Brüder Bruno und Max Taut, die später viel berühmter werden sollten als ihr früherer Chef. Kiehl wechselte 1912 zum neugegründeten Zweckverband Groß-Berlin. An seinem neuen Arbeitsplatz starb er 1913 mit nur 38 Jahren an einem Herzschlag.

Dieses Toilettenhäuschen ist eine Weiterentwicklung des Berliner „Café Achteck“. An vielen Berliner Kreuzungen standen solche Bedürfnisanstalten aus grün gestrichenen gusseisernen Wänden auf einem achteckigen Grundriss. Sie waren aber nicht viel mehr als offene Pissoirs mit Sichtblenden für „Stehpinkler“ – für Frauen also nicht geeignet.

Für Rixdorf entwickelte Reinhold Kiehl eine verbessert Version, die mit gemauerten Wänden und einem repräsentativen Mansarddach weitaus solider aussieht und vor allem auch für beide Geschlechter tauglich ist. Mit seinen Berliner Vorgängern hat dieses Modell nur noch die achteckige Grundfläche gemeinsam. Fünf Stück davon wurden gebaut. Dieses Exemplar steht heute sogar unter Denkmalschutz.

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Lösungen bitte an: info[at]qm-donaustrasse.de

Einsendeschluss: 31.05.2021

Es gibt eine tolle Überraschungstüte zu gewinnen.